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  Collies of Pekkiepark
  Mit freundlicher Genehmigung der Autorin und Rechteinhaberin des folgenden Textes Susanne E. Kaiser © , Erschienen in  Anitime 2/2009 ,  zur Verfügung gestellt.
 

WARE HUND

DAS SCHMUTZIGE GESCHÄFT MIT BILLIGWELPEN

 

  Rassehunde für unter 500 Euro, Mischlinge für 30 Euro - das Geschäft mit Billighunden boomt. Aber hinter den scheinbaren Schnäppchen verbirgt sich eine regelrechte Mafia, die im Ausland Welpen unter unfassbar schlechten Bedingungen in Massen „produziert" und illegal nach Deutschland schmuggelt.
Ungeimpft, verwurmt, mit Viren infiziert und viel zu jung stirbt die Hälfte der Tiere schon auf dem Transport. Warum die Entscheidung für Billigwelpen
eine Entscheidung für Tierquälerei ist, lesen Sie in dem folgenden Artikel.
 


 

 

Auf dem Behandlungstisch der Tierarztpraxis liegt eine kleine Handvoll Hundeelend. Lola, ein Mischlingswelpe, ist noch keine sechs Wochen alt. Ihr Fell ist stumpf, der kleine Bauch aufge­bläht, das Hündchen ist apathisch und jammert leise. „Seit vorgestern hat sie Durchfall", sagt die Besitzerin, die Augen voller Tränen. „Und sie wird immer schwächer." Die Tierärztin schüttelt den Kopf. Es gibt nicht viel, was sie tun kann. Lola ist höchstwahrscheinlich an Parvovirose erkrankt, einer aggressiven Darminfektion. Neun von zehn Welpen, die daran erkranken, sterben. Die wenigen Überlebenden bekommt man nur durch intensive medizinische Betreuung über den Berg. Tage- bis Wochenlange künstliche Ernährung, Infusionen, Antibiotika, Klinikaufenthalte. Die Behandlungskosten steigen schnell auf 800 Euro und darüber hinaus.
Für Lola kommt jede Hilfe zu spät. Sie stirbt noch am selben Tag. So wie ihr ergeht es täglich Hunderten von Welpen, die aus dubiosen Quellen aus dem Ausland nach Deutschland geschmuggelt werden. Hier angekommen, wer­den sie meist über das Internet oder Kleinanzei­gen zu Billigpreisen an den Mann gebracht.
Auch Lolas Frauchen hatte den Welpen über eine Annonce erhalten. Ein angeblicher Hobbyzüchter hatte eine ganze Reihe Welpen im Ange­bot. Angeblich waren die Tiere entwurmt und geimpft. Papiere gab es nicht. Jeder Hund kostete nur 40 Euro.

Schon seit Jahren kämpfen Behörden und Tierschützer gegen das Elend der Osteuropa Welpen. Geschätzte 100.000 Welpen finden jedes Jahr illegal ihren Weg nach Deutschland.
Hinter dem Welpenhandel stecken skrupellose Geschäftemacher, die im Ausland Hundewelpen im großen Stil in so genannten Puppy Mills (Welpenmühlen) „produzieren“. Unter katastrophalen Umständen vegetieren die Mutterhündinnen vor sich hin, die Welpen werden im Alter von nur vier oder fünf Wochen von ihnen weggerissen und über Deutschland, Österreich, Italien und die Schweiz weiter bis nach Belgien, Frankreich und die Niederlande geschleust. Sogar aus Weißrussland finden mittlerweile Transporte nach Westeuropa statt. Meistens sitzen die Hundebabys im Kofferraum eines Autos, ohne Futter, ohne Wasser, oft stunden- oder tagelang bei Hitze oder Kälte. Schon diesen Transport übersteht die Hälfte der Tiere nicht. Im Bestimmungsland kann man sie über das Internet oder Kleinanzeigen kaufen, aber auch auf Märkten, Tierbörsen oder sogar an Autobahnraststätten, einfach aus dem Kofferraum heraus.

In Deutschland geben sich viele Händler als „Hobbyzüchter" aus. Die meisten haben abenteuerliche Geschichten auf Lager, weshalb die Welpen ohne Mutter sind: Die ist mit den Kindern spazieren, sie zu bissig, darum musste ich sie weg sperren, die wurde vom Auto überfahren, meine Ex-Frau hat sie einfach mitgenommen, die ist bei meinem Bekannten in wer-weiß-wo- auf dem Bauernhof. Die Welpen sind meist weder geimpft noch ent­wurmt und viele schleppen tödliche Viren mit sich herum, gegen die sie keine Chance haben. Sobald der letzte Schutz durch die Abwehrstoffe in der Muttermilch aufgebraucht ist, werden sie krank. Und nur wenige überleben.

Viele der Billigwelpen haben einen ausländischen Impfpass: Polen, Tschechien, Ungarn sind häufig vertreten. Auch für ausländische Pässe haben die Händler eine gute Ausrede: Dort seien Impfun­gen billiger. Wer aber ein ungeimpftes Tier über die Grenze bringt, macht sich strafbar. Kein seri­öser Züchter oder Tierarzt würde dieses Risiko eingehen. Die meisten dieser Pässe sind blanko ausgestellt, es fehlt sowohl der Hinweis auf den Züchter als auch auf das Tier selbst. Meist findet sich nur ein kleiner Aufkleber und eine unleserliche Unterschrift. Kathrin Hansen von der Tier­rechtsorganisation PETA berichtet von einem Fall, in dem die Täuschung noch dreister war: In dem Impfbuch war ein ausländischer Aufkleber. Untersuchungen ergaben, dass es sich dabei nur um steriles Wasser gehandelt hatte. „Die Welpen, auf die wir bei dieser Ermittlung gestoßen sind, war allesamt ungeimpft, verwurmt und viel zu jung um abgegeben zu werden:' Beim Besuch auf einer Hundefarm in Ungarn wurde ihr von einem Vermehrer ein Wurf Schäferhundwelpen angeboten, angeblich fünf Wochen alt. „Die Kleinen hatten kaum die Augen offen", erzählt die Tierschützerin. Älter als drei Wochen konnten sie kaum gewesen sein. Sie jetzt schon von der Mutter wegzunehmen, wäre einem Todesurteil gleich gekommen. Frau Hansen hätte den Wurf sofort für 300 Euro mitnehmen können.

Die Käufer der Billigwelpen werden in der Regel von zwei Motiven angetrieben: Mitleid, wenn das kleine Pelzknäuel auf sie zugetappst kommt, oder der scheinbar günstige Preis. Ein Mischlingswelpe für 30 Euro, ein Rassehund für unter 500 Euro. Da kann kein seriöser Züchter mithalten. Besonders in der Urlaubszeit laufen die Geschäfte der Hundehändler wieder auf Hochtouren. „Rund um den Balaton schießen die Hundehändler in den Sommerferien wie Pilze aus dem Boden", berichtet Kathrin Hansen. Viele Urlauber lassen sich in der Ferienlaune zu Spontankäufen verführen. Zu Hause gehen dann die Probleme los. Selbst wenn der kleine Hund nicht krank wird, haben die neuen Besitzer vieles nicht bedacht: Das Tier ist nicht stubenrein und muss erzogen werden. Wer passt auf es auf, wenn die Eltern arbeiten und die Kinder in der Schule sind? Und wohin mit ihm, wenn der nächste Urlaub ansteht? „Ein Hundekauf muss gut überlegt sein", warnt die Tierschützerin Kathrin Hansen. Schnellschüsse am Urlaubsort sind in den seltensten Fällen ein guter Beginn für eine Partnerschaft zwischen Mensch und Tier

Tierschutzvereine zu Hause sind statt dessen eine gute Anlaufstation, wenn man sich für einen Hund interessiert. Problematisch wird es aber wieder, wenn man sich an einen unbekannten Verein wendet, der sich nach eigener Aussage darauf spezialisiert, nur solche Billigwelpen zu „retten". Hinter solchen Unternehmen kann sich ein versteckter Welpenhandel verbergen, der insgeheim mit den Vermehrern gemeinsame Sache macht. Darum sollte man lieber zu einem anerkannten Tierschutzverein gehen und sich vielleicht sogar für ein älteres Tier entscheiden, das aus widrigen Umständen dort gelandet ist. Natürlich bekommt man auch dort keinen Hund für 30 Euro. Aber die Schutzgebühr, die von Tierschutzvereinen erhoben wird, fließt in jedem Fall einem guten Zweck zu und nicht in die Taschen der Welpen-Mafia.

Dass ein Rassewelpe bei einem zertifizierten Züchter manchmal über 1.000 Euro kostet, hat seinen Grund. Es sind einfach die Kosten, die bei der Aufzucht eines kleinen Welpen anfallen - vorausgesetzt, man macht es richtig. Viele Züchter fahren Hunderte von Kilometern um einen geeigneten Zuchtpartner für ihr Tier zu finden. Dazu kommen Deckgebühren, Gesundheitsvorsorge für Mutterhündin und Welpen (Tierarztkosten, Impfungen, Entwurmungen, Vitaminpräparate), hochwertiges Futter und eine gute Unterbringung. Kein Züchter gibt seine Welpen ab, bevor sie zehn oder zwölf Wochen alt sind. Damit füttert er sie doppelt oder dreimal so lange durch wie die armen Würmchen, die aus den Vermehrungslagern im Ausland stammen. Dafür erhält man ein gesundes, geimpftes Tier, das keine Parasiten oder Viren mit sich herumträgt und das durch eine Aufzucht mit Menschen- und Hunde­kontakt richtig geprägt und leicht zu erziehen ist.

Aber auch ein deutscher Impfpass und eine deutsche Chipnummer sind keine Garantie, dass es sich um einen seriösen Züchter handelt. Eine beliebte Masche ist es, mit einem Bündel vorgefertigter Pässe und Chips nach Polen oder Ungarn zu fahren und sich dort mit Billigwelpen einzudecken. Mit Hilfe der Pässe und Chips werden sie auf „deutsch" getrimmt und über die Grenze gebracht. „Am sichersten ist man bei einem Züchter aufgehoben, der Mitglied im VDH (Verband Deutsches Hundewesen) ist"; erklärt Frau Hansen. Man sollte auch darauf achten, dass nicht mehr als ein oder zwei Rassen gezüchtet werden und dass die Tiere einen gepflegten, gesunden Eindruck machen. Wenn Sie den Verdacht haben, dass es sich um Welpen aus Osteuropa handeln könnte, treten Sie von dem Kauf zurück. Und ganz wichtig: Tätigen Sie keine Mitleidskäufe. Jeder Welpe, der aus den Händen der Hunde-Mafia sofort ein Zuhause findet, verschlimmert das Leid seiner Artgenossen.